Ganz generell steht die korrekte Bezeichnung von natürlichen Steinen, synthetischen Steinen und Imitationen in einem Spannungsfeld zwischen dem Wunsch nach positiver Vermarktung der Produkte, unlauterem Wettbewerb sowie dem Schutz des Verbrauchers vor Irreführung. Für die Verwendung dieser Produkte im Schmuckbereich ergibt sich dadurch eine klare Verantwortung für die Marktbeteiligten, alle Produkte entsprechend den einschlägigen Regeln für den Edelstein- und Schmuckbereich klar zu bezeichnen und irreführende Bezeichnungen zu vermeiden.
Um also die Verbraucher zu schützen, ist jeder, der in unserer Branche tätig ist, in allen Marktphasen dafür verantwortlich, korrekte Bezeichnungen zu verwenden. Durch die Schaffung einer international vereinbarten, einheitlichen Terminologie hat die Schmuckbranche schon vor Jahren den Grundstein dafür gelegt, Verwirrung bei den Kunden vermeiden und Irreführung ausschließen.
Der Weltschmuckverband CIBJO berät auf jährlichen Konferenzen über die Weiterentwicklung der international handelsüblichen Regeln, die in den sogenannten „Blauen Büchern“ niedergeschrieben und dem Handel als „CIBJO-Regeln“ bekannt sind. (1) Auch der International Diamond Council (IDC) wurde gegründet, um innerhalb des internationalen Diamanthandels einheitliche Standards zur Nomenklatur geschliffener Diamanten zu erarbeiten, die als „IDC-Regeln“ bekannt sind. (2) IDC und CIBJO haben ihre Standards harmonisiert und gemeinsam beschlossen, dass das „Blaue Buch für Diamanten“ der CIBJO in Zukunft als gemeinsames Regelwerk anerkannt und weiterentwickelt wird. Innerhalb des Weltschmuckverbandes gibt es darüber hinaus bereits seit Jahren eine eigene Arbeitsgruppe engagierter Hersteller und Händler synthetischer Diamanten, die in Eigeninitiative verbraucherschützende Handelsregeln und Vokabular diskutieren und diese in einer Richtlinie festgehalten haben. (3)
Als weiteren internationalen Standard gibt es die ISO 18323 der International Organization for Standardization. (4) Diese Regeln sind als niedergeschriebener Handelsbrauch aufzufassen, die zwar keine unmittelbare Gesetzeskraft haben, ihre Wirksamkeit aber über die jeweiligen Gesetze und Regeln zur Sicherstellung des fairen Wettbewerbs entfalten.
In Deutschland ist dies das Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb (UWG). § 3 des UWG verbietet es, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs irreführende Angaben über geschäftliche Verhältnisse zu machen (z.B. Beschaffenheit, Ursprung, Herstellungsart oder die Preisbemessung einzelner Waren). (5) In den USA lautet § 23.1 in den Regeln der Federal Trade Commission (FTC-Rules) analog: “It is unfair or deceptive to misrepresent the type, kind, grade, quality, quantity, metallic content, size, weight, cut, color, character, treatment, substance, durability, serviceability, origin, price, value, preparation, production, manufacture, distribution, or any other material aspect of an industry product.” (6) Ähnliche Formulierungen gibt es in Gesetzestexten und Regulierungen in vielen Ländern weltweit.
Lind (7) zieht aus dem Vergleich der Formulierungen in den oben genannten Dokumenten das Fazit, dass die Regeln über die korrekten Bezeichnungen für Diamanten, behandelte Diamanten, synthetische Diamanten und Imitationen auf einer soliden, international akzeptierten Basis stehen und irreführende Bezeichnungen aufgrund einschlägiger Gesetze zum Schutz des Verbrauchers, unzulässig sind:
„Das blaue Buch der CIBJO, der ISO-Standard 18323 und die FTC-Rules definieren den Diamant übereinstimmend als Mineral, das aus Kohlenstoff besteht, der in der kubischen Form kristallisiert und die Mohs´sche Härte 10 und die Dichte 2,42 besitzt. Hieraus abgeleitet ist in allen diesen Standards die Bezeichnung „Diamant“ ohne weitere Zusätze nicht für synthetische Diamanten oder andere künstliche Produkte erlaubt. Des Weiteren ist sowohl nach CIBJO-Standard, nach ISO-Standard und nach FTC-Rules die Bezeichnung „echt“ nicht für synthetische Diamanten oder andere künstliche Produkte zu verwenden.“
Auch in anderen Ländern gibt es Gesetze, die den Markt regeln. In Frankreich z. B. schreibt die Verordnung 2002/65 die Verwendung des Begriffs „synthetisch“ für Kunststeine mit der gleichen Zusammensetzung wie die natürlichen Gegenstücke zum Schutze des Verbrauchers vor. (8) In Belgien spezifiziert eine königliche Verordnung aus dem Jahr 2004 die Regeln, nach denen die Diamantindustrie Handel betreiben darf. Demnach müssen Diamantenhändler die Art ihrer Waren vollständig und eindeutig offenlegen. Jede irreführende oder betrügerische Aussage in Bezug auf die Herkunft, Zusammensetzung, Herstellung oder den Zustand des natürlichen oder synthetischen Diamanten ist untersagt. Diamanten werden hier als von der Natur gebildetes Mineral definiert, synthetische Diamanten als künstliches Produkt. (9)
Im Übrigen unterscheidet auch die Weltzollorganisation (WCO) klar zwischen Diamanten und synthetischen Diamanten. Synthetische Diamanten haben sowohl für den Rohzustand als auch für geschliffene Ware im Juni 2019 jeweils einen eigenen Zollcode erhalten, um die Produkte von den originalen aus der Natur abzugrenzen. (10)
Um die Unterscheidung zwischen den zwei Arten deutlicher zu machen und den Handel weltweit über die Regeln zu informieren, haben sich neun der weltweit führenden Organisationen der Diamantenindustrie (AWDC, CIBJO, NDA, GJEPC, IDI, IDMA, RJC, WDC, WFDB) zusammengetan, um eine Diamant-Terminologie zu erstellen – ein einfaches Dokument, das die vollständige, faire und effektive Verwendung einer klaren und verständlichen Terminologie fördern soll. Die im Englischen so genannte „Diamond Terminology Guideline“ umfasst die Begrifflichkeiten für Diamanten, synthetische Diamanten und Diamantenimitate. Sie sollen von allen Branchenorganisationen, Verbänden, Händlern, Einzelhändlern und Designern verwendet werden. (11)
Das Dokument beruht auf dem oben genannten internationalen ISO-Standard 18232 sowie dem „Blauen Buch für Diamanten“ der CIBJO. Eine offizielle deutsche Übersetzung wurde von der Vereinigung der Bundesverbände des deutschen Schmuck- und Siberwarengewerbes dem deutschsprachigen Handel im Jahr 2018 bereitgestellt. Demnach gelten folgende Definitionen:
Empfohlene Verhaltensregeln, wenn es um synthetische Diamanten geht:
(1) CIBJO Diamond Commission: CIBJO Blue Books: The Diamond Book, aktueller Stand 2022-1. URL: https://www.cibjo.org/wp-content/uploads/2022/10/CIBJO-Diamond-Blue-Book-2022-1.pdf, abgerufen am 29.11.2023.
(2) International Diamond Council: IDC Rule Book, letzter Stand Juli 2013. URL: https://internationaldiamondcouncil.org/downloads, abgerufen am 29.11.2023.
(3) CIBJO Laboratory-Grown Diamond Committee (Hrsg.): CIBJO Laboratory-Grown Diamond Guideline, Januar 2021. URL: https://www.cibjo.org/wp-content/uploads/2022/08/CIBJO-LGD-Guidelines-2021-1.pdf, abgerufen am 29.11.2023.
(4) International Organization for Standardization (ISO) (Hrsg.): ISO 18323:2015 – Consumer confidence in the diamond industry, aktueller Stand 2020. URL: https://www.iso.org/standard/62163.html, abgerufen am 29.11.2023.
(5) Bundesministerium der Justiz: Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG). URL: https://www.gesetze-im-internet.de/uwg_2004/, abgerufen am 29.11.2023.
(6) US Federal Trade Commission (FTC) (Hrsg.): Guides for the Jewelry, Precious Metals, and Pewter Industries. URL: https://www.ftc.gov/enforcement/rules/trade-regulations-rules-and-industry-guides/guides-jewelry-precious-metals-and, abgerufen am 29.11.2023.
(7) Lind, Th.: Diamant – Eigenschaften, Bedeutung, Nomenklatur. In: Gemmologie, Zeitschrift der Deutschen Gemmologischen Gesellschaft, Jahrgang 66, Heft 3/4, Dezember 2017, S. 1-8. Online unter URL: https://blog.dgemg.com/de/dgemg-dsef/109-diamant-superlative.html, abgerufen am 26.02.2024.
(8) Légifrance (Hrsg.): Décret n°2002-65 du 14 janvier 2002 relatif au commerce des pierres gemmes et des perles. URL: https://www.legifrance.gouv.fr/loda/id/JORFTEXT000000593364/, abgerufen am 29.11.2023.
(9) Etaamb (Hrsg.): Arrêté royal portant des mesures relatives à la surveillance du secteur du diamant. URL: https://www.ejustice.just.fgov.be/cgi/article_body.pl?language=fr&caller=summary&pub_date=04-05-13&numac=2004011219, abgerufen am 29.11.2023.
(10) World Customs Organization (WCO): Correlating the 2022 Version to the 2017 Version of the harmonized System, S. I/19. URL: https://www.wcoomd.org/-/media/wco/public/global/pdf/topics/nomenclature/instruments-and-tools/hs-nomenclature-2022/table-i_en.pdf?la=en, abgerufen am 29.11.2023.
(11) English National Association of Jewellers (NAJ), Antwerp World Diamond Centre (AWDC), Confédération Internationale de la Bijouterie, Joaillerie, Orfèvrerie des Diamants, Perles et Pierres (CIBJO), Gem & Jewellery Export Promotion Council (GJEPC) India, Israel Diamond Institute (IDI), International Diamond Masters Association (IDMA), Natural Diamond Council (NDC), Responsible Jewellery Council (RJC), World Diamond Council (WDC) und The World Federation of Diamond Bourses (WFDB) (Hrsg.): Diamond Terminology Guidelines. URL u.a.: https://www.awdc.be/en/guideline, abgerufen am 29.11.2023.