Eindeutig und fair
In der Ausgabe 02/23 der GZ – Goldschmiedezeitung spricht der Juwelier Stephan Lindner (Geschäftsführer von Juwelier Fridrich in München und Präsident des Handelsverbands Juweliere) und warnt er vor einer werblichen Überhöhung von Synthesen.
GZ: Was verärgert Sie als Juwelier besonders, wenn ein Hersteller Synthesen als „Manufakturdiamanten“ bezeichnet?
Stephan Lindner: Es gibt für die Bezeichnung von im Labor erzeugten Diamanten eine Sprachregelung des Weltschmuckverbands CIBJO. Für den deutschen Sprachraum wurde das Wort Synthese als einzig zulässiger Begriff gewählt, die anderen Bezeichnungen im Angelsächsischen wie „Lab Grown“ lassen sich nicht eindeutig genug übersetzen. An diese Spielregeln sollten sich alle Marktteilnehmer halten – auch in der Fachhandelswerbung. Wenn die Branche diese Verwässerung der Begrifflichkeiten erst mal verinnerlicht hat, besteht die Gefahr, dass diese Werbeaussagen auch die Endkonsumen erreichen. Die Wettbewerbshüter in den USA gehen gegen irreführende Werbung der Synthesenanbieter mittlerweile konsequent vor.
GZ: Kann die Überhöhung vonSynthesen langfristig zu einem Schaden für den Diamantmarkt führen?
Stephan Lindner: Ja, wenn es eine Gleichstellung von Synthese und Diamant gibt, dann weiche ich das Fundament unserer Branche auf: Vertrauen in das Besondere, Individuelle, Werthaltige. Ich habe nichts gegen Synthesen. Aber wenn ich sie verkaufe, muss ich den Kunden darauf aufmerksam machen. Schließlich hat eine keinen Zweitmarkt: Sie sind nicht werthaltig oder rar, sondern ein beliebiges Massenprodukt, welches dank des technischen Fortschritts immer billiger wird. Man kann Synthesen nicht weiterverkaufen oder in Zahlung geben. Die subtile mediale Gleichstellung beider Produkte aus Natur und Labor kann den Weg für eine Zerstörung des Diamantmarkts bereiten. Konsumenten werden, wenn die Synthese mit dem Diamanten als gleichwertig beworben wird, zum günstigeren Produkt tendieren, und es könnte zu einer Verdrängung von Diamanten kommen.
GZ: Was antworten Sie auf das Nachhaltigkeitsargument?
Stephan Lindner: Man sollte auch daran denken, wie viele Menschen entlang der „Diamanten-Pipeline“ in Arbeit, Lohn und Brot stehen. Sie würden ihre Existenzgrundlage verlieren, wenn die Synthese die Stelle des Diamanten einnimmt.
GZ: Wie lautet Ihr Appell an die Branche?
Stephan Lindner: Die Kommunikation muss eindeutig sein. Wir müssen die Kollegen dazu ertüchtigen, so zu verkaufen, dass der Kunde immer auf der sicheren Seite ist und genau weiß, was er bekommt.
Interview: Axel Henselder
Foto: BVJ
Quelle
GZ – Goldschmiedezeitung 02/2023, S. 46.